Jedes Jahr wollen wir wissen: Wie setzen sich die Schweizer Unternehmen für Inclusion und Diversität ein? Was tun Schweizer Organisationen, um eine inklusive Kultur aufzubauen und inclusive Leadership zu fördern?
Die meisten Schweizer Unternehmen geben der Diversität immer noch den Vorrang vor der Inclusion. Da Gleichstellung immer mehr an Bedeutung gewinnt, wurde dies dieses Jahr zum ersten Mal analysiert. Dieses Konzept ist weniger verbreitet, zeigt aber ein ähnliches Muster, da es hauptsächlich in der Personalstrategie verankert ist. Da ESG-Strategien immer beliebter werden, wurde dies in der Umfrage 2024 ebenfalls als Antwortmöglichkeit aufgenommen. Ungefähr ein Drittel („Equity“) bis die Hälfte („ Diversität“) der Organisationen verankern I&D (auch) in der ESG-Strategie.
Mehr Unternehmen nennen Diversität statt Inclusion oder Equity als Teil ihrer Personalstrategie, ihrer I&D-Strategie, ihrer Unternehmensstrategie oder aller oben genannten Aspekte. Auf der einen Seite erwähnt etwas mehr als die Hälfte der teilnehmenden Unternehmen Inclusion und Diversity als Teil einer expliziten Unternehmensstrategie, während weniger als die Hälfte das Konzept der Equity einbezieht. Etwa ein Drittel verbindet diese Konzepte mit ihrem Leitbild. Dieser zeigt, dass I&D zwar einen Nutzen für die Strategie haben, aber nicht Teil der Kernwerte oder des Leitbilds vieler Unternehmen sind.
Ein Blick auf die in den Strategien der GIR-Unternehmen ausdrücklich genannten Aspekte der Diversität gibt Aufschluss darüber, welche Bereiche in den verschiedenen Unternehmen im Mittelpunkt der Bemühungen um I&D stehen. Die meistgenannten Kategorien sind Geschlecht, Alter und sexuelle Orientierung. Dies war bereits im Jahr 2023 der Fall. Etwa die Hälfte der Unternehmen erwähnt in ihrer Strategie die Nationalität, Menschen mit Behinderungen oder Krankheiten sowie Race & Ethnicity. Auch dieser Trend ist ähnlich wie im letzten Jahr. Allerdings ist in diesem Jahr ein deutlicher Rückgang bei der Anerkennung von „Sprache“ und „Skills Diversity“ als Aspekte in den Strategien der Unternehmen zu verzeichnen.
Die Trends bei I&D-Netzwerken und ERGs (Employee Ressource Groups, Mitarbeitenden-Netzwerke) folgen einem sehr ähnlichen Muster. Die meisten Unternehmen haben ERGs für Frauen, gefolgt von LGBTQI+ Mitarbeitenden und Netzwerken für Mitarbeitende mit Interesse an I&D. Dieser Trend ist ähnlich wie im letzten Jahr, auch wenn der Prozentsatz der Unternehmen mit ERGs für Frauen etwas zurückgegangen ist. Der Anteil der Unternehmen mit ERGs für jüngere Mitarbeitende oder Hochschulabsolventen, für Menschen mit Behinderungen oder Krankheiten etc. bleibt ähnlich wie im Jahr 2023.
Bemerkenswert ist, dass 27% der GIR-Unternehmen gar keine Mitarbeitenden-Netzwerke oder ERGs haben. Auch dies ist ähnlich wie beim letztjährigen GIR. Bei einigen Unternehmen könnte dies auf ihre geringere Grösse zurückzuführen sein.
64% der Unternehmen haben messbare Inclusion-Ziele. Diese Zahl mag zwar hoch erscheinen, ist aber immer noch niedriger als bei den Unternehmen mit messbaren Diversitätszielen (78%). Unternehmen, die sich auf Diversitätsziele konzentrieren, ohne diese mit Inclusion-Zielen zu kombinieren, könnten die Assimilierung an die alte Organisationskultur fördern, anstatt ein Gefühl der Wertschätzung und Zugehörigkeit für vielfältige Mitarbeitende zu schaffen (Shore et al., 2011). Der Trend, dass mehr Unternehmen Diversitäts- als Inclusion-Ziele haben, ist ähnlich wie im Jahr 2023, allerdings hat sich der Unterschied zwischen den beiden leicht erhöht.
Was gemessen wird, wird auch umgesetzt. Ungefähr drei Viertel der GIR-Unternehmen berichten regelmässig über I&D.
Konkrete, messbare Ziele verpflichten die Führungskräfte zur Förderung einer vielfältigen Belegschaft und einer Inclusion-Kultur in ihren Teams und Abteilungen. Zu den Inclusion-Zielen für Führungskräfte können bewährte Konfliktlösungsfähigkeiten, die Teilnahme an Inclusion-Trainings (z. B. psychologische Sicherheit oder inclusive Leadership), Ergebnisse von Umfragen auf Teamebene zum Thema Inclusion usw. gehören. Mit Diversitätszielen werden Manager:innen für die Vielfalt in ihren Teams und Abteilungen verantwortlich gemacht.
Zwar haben nur 36% der Unternehmen messbare Inclusion-Ziele für Führungskräfte, und 49% der GIR-Unternehmen haben Diversitätsziele, doch ist dies ein minimaler Anstieg gegenüber dem Vorjahr. Gleichzeitig ist dies etwa die Hälfte der Unternehmen, die überhaupt I&D-Ziele haben. Wer, wenn nicht die Führungskräfte, könnte für die Erreichung der unternehmensweiten I&D-Ziele verantwortlich sein?
Im Vergleich zu 2023 bieten weniger Unternehmen Schulungen zu Unconscious Biases für Manager und Personalverantwortliche an. Der Trend, derartige Schulungen zu für alle Mitarbeitenden anzubieten, scheint sich jedoch nicht geändert zu haben. Werden Unconscious Bias Trainings eher als spezielle Workshops für die Personalabteilung und Führungskräfte angesehen? Oder waren diese Schulungen eher eine einmalige Initiative?
Es scheint, als hätten sich die Unternehmen auf eine neue Art der Arbeit eingestellt, denn alle GIR-Unternehmen bieten die Möglichkeit der Homeoffice-Arbeit. Die meisten Unternehmen bieten auch feste Teilzeittage an, flexible Arbeitszeiten und Sabbaticals sind üblich.
65% der Unternehmen bieten Jobsharing für Nicht-Führungspositionen an und 41% bieten Topsharing. Dieser Unterschied zeigt, dass Führung immer noch als Vollzeitjob für eine Person angesehen wird. Und im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Ländern ist die Vier-Tage-Woche in der Schweiz nicht üblich.
Im Allgemeinen sind die Ergebnisse zu flexiblen Arbeitsmöglichkeiten sehr ähnlich wie im letzten Jahr.
Das durchschnittliche GIR-Unternehmen bietet mehr Elternzeit an, als gesetzlich vorgeschrieben ist: 17.5 Wochen für Mütter, 4.3 Wochen für Väter und 9.5 Wochen für Adoptionen. Der Kontrast zwischen Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaub zeigt eine eher traditionelle Einstellung zu den Betreuungs- und Versorgerrollen von Frauen und Männern, die sich auch in den Schweizer Rechtsstrukturen widerspiegelt. Nur 22% der Unternehmen bieten Elternzeit an (d. h. einen geteilten Urlaubsanspruch).
34% der GIR-Unternehmen unterstützen die Kinderbetreuung ihrer Mitarbeitenden in keiner Weise, obwohl die Schweiz über ein teures und komplexes Kinderbetreuungssystem verfügt. Von den Unternehmen, die Unterstützung leisten, bieten 59% finanzielle Unterstützung an. Nur 18% der GIR-Unternehmen verfügen über eine eigene Kinderbetreuungseinrichtung.
Während die Verankerung von Diversität, Equity & Inclusion in der Unternehmens-DNA immer selbstverständlicher zu werden scheint, machen die GIR-Unternehmen bei der Geschlechtervielfalt kaum Fortschritte. Wie können wir diesen Fortschritt beschleunigen? In unserem diesjährigen Schwerpunktthema rufen wir Unternehmen dazu auf, die Machtdynamik zu verändern, um den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen. Diese Massnahmen werden nicht nur Frauen und anderen (in Führungspositionen) marginalisierten Gruppen zum Aufstieg verhelfen, sondern auch zu einem besseren Organisationsklima beitragen.