Das traditionelle Bild der Führungskraft als alleiniger, autoritärer Entscheider verändert sich. Heroische Führung ist überholt und eng mit einem binären Männlichkeitsverständnis verknüpft (Nentwich et al., 2023). Es ist an der Zeit, eine neue Ära einzuläuten: die des post-heroischen Führungsstils. Mit folgenden Punkten können Organisationen dieses neue Modell fördern, um das Paradoxon der post-heroischen Führung (Fletcher, 2004) zu überwinden und mehr Geschlechtergerechtigkeit zu schaffen.
1. Entwickeln Sie Ihre Führungskräfte zu post-heroischen Leadern
- Empathie und emotionale Intelligenz trainieren: Der post-heroische Führungsstil betont Zusammenarbeit, Empathie und kollektive Erfolge und passt sich den heutigen Anforderungen an. Erfolgreiche Führung basiert auf einem Lernumfeld, das kollektives Lernen ermöglicht (Fletcher, 2004). Daher sollten Programme implementiert werden, die Empathie und emotionale Intelligenz bei Führungskräften fördern, damit sie post-heroische Führung in ihren Teams umsetzen können.
- Coaching für Veränderungen: Wenn Sie den Wandel von heroischer zu post-heroischer Führung vorantreiben wollen, kann externes Coaching Ihrer Organisation helfen und Ihren Mitarbeitenden als Ressource zur Verfügung stehen. Externe Coaches, ähnlich wie externe Berater, bringen eine neue Perspektive ein. Mitarbeitende fühlen sich möglicherweise wohler, offen mit einem Coach zu sprechen und dessen Ratschläge umzusetzen. Die Zusammenarbeit mit Expertinnen wie Dr. Julia Nentwich von Leaders for Equality, kann einen erheblichen Einfluss auf die Organisation haben.
- Vorbild für nicht-traditionelle Führung sein: Nutzen Sie Storytelling, um Beispiele für post-heroische Führung innerhalb der Organisation zu teilen, insbesondere solche, die nicht-traditionelle Führungsmerkmale zeigen. Ein Beispiel dazu ist eine Führungskraft, die Mitarbeitenden hilft, obwohl es nicht zu dessen Pflicht zählt. Stellen Sie sich vor: Eine Führungskraft in einem Unternehmen half einem Mitarbeitenden, der als erste Person in seiner Familie studierte, sich auf die Aufnahmeprüfung einer Business School vorzubereiten. Dies war nicht erforderlich, veränderte aber das Leben des Mitarbeitenden.
2. Messwerte nutzen, um Verantwortung zu schaffen
- Feedbacksysteme: Implementieren Sie 360-Grad-Feedbacksysteme, bei denen Mitarbeitende aller Ebenen Rückmeldung zur Führungsleistung geben können. Nutzen Sie dieses Feedback, um post-heroische Führungsqualitäten zu identifizieren und zu fördern. Ihre Führungskräfte sollten zeigen, wie man Feedback gut annimmt und Veränderungen umsetzt.
- Führungsmetriken: Entwickeln Sie Messwerte, die Führung nicht nur an finanziellen Ergebnissen messen, sondern auch an der Teamzufriedenheit, Mitarbeiterengagement und dem Erfolg in der Zusammenarbeit.
3. Transparente Entscheidungen treffen
- Verhaltensdesign nutzen: Verwenden Sie Verhaltensdesign, um Ihre Veränderungsprozesse zu unterstützen. Sammeln und analysieren Sie Ihre HR-Daten, um Muster und Trends zu erkennen und Prognosen zu erstellen. Nutzen Sie diese Informationen als Grundlage, um HR-Prozesse transparenter zu gestalten (Bohnet, 2016). Zum Beispiel: Implementieren Sie standardisierte Bewertungsprozesse, um Vorurteile zu reduzieren. Nutzen Sie objektive Messwerte und strukturierte Interviews zur Bewertung von Beförderungskandidatinnen und Kandidaten. Messen Sie Fortschritte und passen Sie Ihre Massnahmen bei Bedarf an!
- Klare Kriterien: Definieren Sie transparente Kriterien für Beförderungen, die neben der fachlichen Kompetenz auch Führungsqualitäten wie emotionale Intelligenz, Empathie und die Fähigkeit, andere zu fördern umfassen. Kommunizieren Sie diese Kriterien in der gesamten Organisation und machen Sie deren Anwendung in HR-Entscheidungen obligatorisch.
- Faire Einstellungspraxis: Implementieren Sie Einstellungsverfahren, die aktiv unterrepräsentierte Gruppen einbeziehen. Verwenden Sie anonymisierte Bewerbungsverfahren und diverse Interviewpanels.
4. Karrierewege diversifizieren
- Expertenlaufbahnen: Karrierewege können traditionelle Führungserwartungen überschreiten, indem Expertinnen und Experten, die keine Teams leiten möchten, befördert werden. Sie können in Führungspositionen aufgrund ihrer Expertise aufsteigen, ohne dass dies eine Personalverantwortung erfordert.
- Führung in der Personal- und Projektleitung: Gute Führungskräfte können in leitende Positionen aufsteigen, auch wenn sie nicht über das spezifische Fachwissen verfügen. Gute Projektleiterinnen und –leiter können komplexe Projekte managen, ohne in einer formalen Führungsposition gegenüber dem Projektteam zu sein.
- Kompetenzbasierte Rekrutierung: Rekrutierende und Führungskräfte sollten sich von starren Rollen- und Stellenbeschreibungen lösen und stattdessen eine flexible Herangehensweise entwickeln, die auf Fähigkeiten und Erfahrungen basiert.
5. Entwicklungsmöglichkeiten neu denken
- Gerechte Entwicklungschancen: Entwicklungsprogramme sollten den Fähigkeiten, Zielen und Motivationen der Mitarbeitenden entsprechen. Diese Fairness ermöglicht es Führungskräften, ihr Potenzial bestmöglich zu entfalten, anstatt dieselben Massnahmen für alle anzuwenden.
- Entwicklung neu definieren: Unternehmen und Führungskräfte sollten den Fokus in Karrierediskussionen von der Beförderung hin zu einer vielseitigen Entwicklung verlagern. Entwicklung kann bedeuten, lateral in eine neue Rolle zu wechseln, in einem anderen Team oder an einem anderen Standort tätig zu werden oder mehr fachspezifische Aufgaben zu übernehmen und gleichzeitig Personalverantwortung abzugeben.
- Ziele der Führungskräfte neu definieren: Die Frage sollte nicht lauten «Wie halte ich diese Person in meinem Team?», sondern «Wie halte ich diese Person im Unternehmen?». Ermöglichen Sie Führungskräften, ihre Mitarbeitenden dabei zu unterstützen, Chancen ausserhalb des eigenen Teams oder der eigenen Abteilung zu erkunden. Messwerte sind entscheidend, um Verhaltensänderungen zu fördern. Führungskräfte sollten für die interne Mobilität ihrer Talente anerkannt und belohnt werden, z. B. durch Ziele, die an die Anzahl der geförderten Entwicklungschancen ausserhalb ihres unmittelbaren Teams geknüpft sind (Tupper & Ellis, 2022).