Gender Diversity in den öffentlichen Verwaltungen

  • Obwohl die öffentlichen Verwaltungen insgesamt mehr weibliche Mitarbeitende haben als andere Branchen, ist die Pipeline sehr «leaky»: Im Nicht-Kader beträgt der Frauenanteil 58% – demgegenüber stehen 23% Frauen im oberen/obersten Kader.
  • Die typische Beförderung der öffentlichen Verwaltungen geht an Mitarbeitende, die männlich, Schweizer, zwischen 31 und 40 Jahre alt sind und einen Tertiärabschluss haben. Besonders tief (im Vergleich zum hohen Frauenanteil im Nicht-Kader) ist der Frauenanteil bei den Beförderungen ins unterste und  untere Kader, obwohl viele der externen Rekrutierungen für diese Positionen in der Altersgruppe von 31 bis 40 weiblich sind.
  • In öffentlichen Verwaltungen reduzieren Frauen ihren Beschäftigungsgrad in der Familienphase stärker als in anderen Branchen. Gleichzeitig geht ein grosser Teil der Beförderungen an Mitarbeitende im Alter von 31 bis 40 Jahren. Teilzeitarbeit ist für eine Beförderung zudem nachteilig: Während nur 45% der Mitarbeitenden Vollzeit arbeiten, gehen 60% aller Beförderungen an Vollzeitbeschäftigte (wobei ein Pensum von 80% bis 99% kaum Karrierenachteile mit sich bringt).
  • Ein Grund, weshalb es Frauen nicht an die Spitze schaffen, sind die langen Betriebszugehörigkeiten der aktuellen Kadermitarbeitenden (die grosse Mehrheit davon ist älter und männlich). Über 60% der Männer im mittleren und oberen/obersten Kader sind über 50 Jahre alt und mehr als 16% sind über 60. Das bedeutet, dass viele Männer in den höheren Kaderstufen in den nächsten Jahren in Pension gehen. Das bietet die Möglichkeit, die Geschlechterverteilung in diesen Stufen etwas auszugleichen.

 

Ungenutztes Talentpotenzial in öffentlichen Verwaltungen

Im Vergleich zu allen anderen Branchen weisen die öffentlichen Verwaltungen in allen Kaderstufen (und auch im Nicht-Kader) den höchsten Frauenanteil auf. Allerdings beträgt der Anteil der Frauen im oberen/obersten Kader weniger als die Hälfte des Anteils im Nicht-Kader. Über dem unteren Kader sind Frauen deutlich untervertreten.5

5 Da einige der Organisationen der öffentlichen Verwaltungen in ihren Personaldaten nicht zwischen dem untersten und unteren Kader unterscheiden, wurden diese beiden Stufen in diesem Kapitel zusammengefasst.

Verteilung nach Geschlecht und Kaderstufe - öffentliche Verwaltungen

Frauen
Männer
Oberstes und oberes Kader
23%
77%
Mittleres Kader
34%
66%
Unteres und unterstes Kader
41%
59%
Nicht-Kader
58%
42%

“Blockieren” langjährige männliche Mitarbeitende Positionen im mittleren und oberen/obersten Kader?

Eine mögliche Ursache für die Untervertretung der Frauen in höheren Kaderstufen ist die Altersstruktur und die lange Verweildauer in diesen Positionen. Mehr als 60% der Männer im mittleren und oberen/obersten Kader sind über 50 Jahre alt, über 16% sind über 60 Jahre alt. Diese Zahlen sind deutlich höher als im Durchschnitt aller Branchen. Auch das durchschnittliche Dienstalter in diesen Positionen ist deutlich höher, insbesondere bei Männern. Dies deutet darauf hin, dass es wenige Personalbewegungen gibt und wichtige Kaderpositionen gar nicht frei werden, was eine Blockade in der Talentpipeline bedeutet. Das stellt jedoch auch eine grosse Chance dar. Wenn diese männlichen Führungskräfte in naher Zukunft in den Ruhestand gehen, können die Positionen mit vielfältigen Kandidat:innen besetzt werden (die sich für Inklusion einsetzen).

Allerdings findet der grösste Rückgang des Frauenanteils zwischen dem Nicht-Kader und dem untersten/unteren Kader statt. Das bedeutet, dass Frauen bereits vor der “Blockade” im mittleren und oberen/obersten Kader geringere Aufstiegschancen haben.

 

Das interne Pipeline Management bevorzugt Männer

Verglichen mit dem Frauenanteil von 58% in Nicht-Kaderpositionen ist ein Anteil von 45% bei den Beförderungen ins unterste/untere Kader tief, auch wenn dadurch der Frauenanteil in Sprungbrettpositionen leicht zunimmt. Der typische Mitarbeiter, der in den öffentlichen Verwaltungen ins Kader befördert wird, ist männlich, Schweizer, zwischen 31 und 40 Jahre alt und verfügt über einen Tertiärabschluss.

Im Gegensatz dazu sind Frauen bei Rekrutierungen ins Kader deutlich stärker vertreten als bei den Beförderungen.

Übersicht öffentliche Verwaltungen

Der grösste Anteil aller Beförderungen geht an Mitarbeitende zwischen 31 und 40 Jahren, und gerade in dieser Altersgruppe ist die Wahrscheinlichkeit, dass Männer befördert werden, mehr als doppelt so hoch als für die Frauen. Interessant ist, dass Frauen und Männer über 40 Jahren ähnlich häufig befördert werden.

Im mittleren und oberen/obersten Kader tragen sowohl die interne Entwicklung als auch die externe Rekrutierung zur Erhöhung des Frauenanteils bei. Der Talentpool in den unteren Kaderpositionen wird also gut genutzt.

Weshalb sind also besonders die Beförderungen ins unterste/untere Kader eine Herausforderung für Frauen?

 

Die Familienphase hält Frauen zurück

Die Beförderungen in untere Kaderstufen fallen genau in die Familienphase, in der Frauen sowohl in Sprungbrettpositionen (d.h. im untersten/unteren Kader) als auch im Nicht-Kader ihr Pensum erheblich reduzieren. Der durchschnittliche Beschäftigungsgrad der Männer hingegen bleibt in dieser Zeit praktisch gleich. Die Differenz im durchschnittlichen Beschäftigungsgrad zwischen Frauen und Männern in der Familienphase ist bei den öffentlichen Verwaltungen im Branchenvergleich besonders ausgeprägt. Obwohl familienfreundliche und lebenszyklusorientierte Arbeitsmodelle attraktiv sind für vielfältige Mitarbeitende und insbesondere Mitarbeitende mit Betreuungsverpflichtungen, können sie sich negativ auswirken, wenn Teilzeitarbeit ein Hindernis für den beruflichen Aufstieg darstellt. Aus einer Gender Diversity-Perspektive ist das vor allem dann eine Herausforderung, wenn hauptsächlich Frauen in Teilzeit arbeiten.

Durchschnittlicher Beschäftigungsgrad nach Geschlecht und Kaderstufe - öffentliche Verwaltungen

Frauen
Männer
Oberstes und oberes Kader
Mittleres Kader
Unteres Kader
Unterstes Kader
Nicht-Kader

Besonders auffällig: Während nur 45% der Mitarbeitenden Vollzeit arbeiten, gehen 60% aller Beförderungen an Vollzeitbeschäftigte (wobei der Nachteil punkto Beförderungen vor allem dann auftritt, wenn die Mitarbeitenden weniger als 80% arbeiten). Es scheint, dass traditionelle Vorstellungen von Elternschaft und Arbeit Frauen am internen Aufstieg in öffentlichen Verwaltungen hindern – dies scheint zudem ausgeprägter als in anderen Branchen der Fall zu sein.

 

Empfehlungen: Führung neu denken

Da 16% der männlichen Führungskräfte im mittleren und oberen/obersten Kader der öffentlichen Verwaltungen über 60 Jahre alt sind, ist es an der Zeit vorauszuplanen, wie die Führung der Zukunft (auch im Hinblick auf Vielfalt und Inklusionskompetenzen) aussehen wird. Diese Planung ist besonders wichtig, da eine Teilzeitstrafe und eine traditionelle Vorstellung von Karriere zu bestehen scheinen. Was können öffentliche Verwaltungen tun?

  • Überdenken Sie das Thema Teilzeit und Führung: Überlegen Sie, warum Teilzeit in den höheren Kaderpositionen nicht möglich zu sein scheint, obwohl sie in den unteren Kaderstufen durchaus üblich ist. Welche potenziellen zukünftigen Führungskräfte entgehen Ihnen dadurch?
  • Planen Sie die Führungsteams der Zukunft: Ausschreibungen für Schlüsselpositionen sollten immer zuerst intern erfolgen. In Besprechungen diskutieren Führungskräfte und HR, wer für welche Schlüsselpositionen in Frage kommen können, und zwar auf der Grundlage transparenter Kriterien, bei denen auch Vielfalt und Inklusion zentral sind. Dies ist besonders wichtig im Hinblick auf die zu erwartende Pensionierungswelle der Babyboomer. Eine strategische Nachfolgeplanung ist zentral, da in den nächsten Jahren viele Führungskräfte in den Ruhestand gehen werden.
  • Bilden Sie die nächste Generation aus und entlasten Sie Führungskräfte: Nutzen Sie Führungstandems, bei denen Sie erfahrene Führungskräfte mit vielfältigen Nachwuchstalenten zusammenbringen. So kann eine weniger erfahrene Person Führungserfahrung sammeln und Führungskompetenzen entwickeln, während die erfahrene Führungskraft entlastet wird. Auf diese Weise können Sie auch sicherstellen, dass das Wissen weitergegeben wird, damit es nicht verloren geht, wenn die Babyboomer-Jahrgänge in den kommenden Jahren in Pension gehen.
  • Care-Aufgaben fair verteilen – und Führungsnormen ändern: Führen Sie eine für beide Geschlechter gleichberechtigte Elternzeit- und Betreuungspolitik ein und ermutigen Sie Männer, diese in Anspruch zu nehmen. Zeigen Sie männlichen Führungskräften, die nicht Vollzeit arbeiten und einen angemessenen Anteil an Betreuungsaufgaben übernehmen, als Vorbilder. Dies trägt zu einer ausgeglicheneren Belastung von Männern und Frauen in den wichtigsten Karrierejahren bei und führt verändert die Vorstellungen, wer als zukünftige Führungskraft in Betracht gezogen wird.

 

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