5 Da einige der Organisationen der öffentlichen Verwaltungen in ihren Personaldaten nicht zwischen dem untersten und unteren Kader unterscheiden, wurden diese beiden Stufen in diesem Kapitel zusammengefasst.
Eine mögliche Ursache für die Untervertretung der Frauen in höheren Kaderstufen ist die Altersstruktur und die lange Verweildauer in diesen Positionen. Mehr als 60% der Männer im mittleren und oberen/obersten Kader sind über 50 Jahre alt, über 16% sind über 60 Jahre alt. Diese Zahlen sind deutlich höher als im Durchschnitt aller Branchen. Auch das durchschnittliche Dienstalter in diesen Positionen ist deutlich höher, insbesondere bei Männern. Dies deutet darauf hin, dass es wenige Personalbewegungen gibt und wichtige Kaderpositionen gar nicht frei werden, was eine Blockade in der Talentpipeline bedeutet. Das stellt jedoch auch eine grosse Chance dar. Wenn diese männlichen Führungskräfte in naher Zukunft in den Ruhestand gehen, können die Positionen mit vielfältigen Kandidat:innen besetzt werden (die sich für Inklusion einsetzen).
Allerdings findet der grösste Rückgang des Frauenanteils zwischen dem Nicht-Kader und dem untersten/unteren Kader statt. Das bedeutet, dass Frauen bereits vor der “Blockade” im mittleren und oberen/obersten Kader geringere Aufstiegschancen haben.
Verglichen mit dem Frauenanteil von 58% in Nicht-Kaderpositionen ist ein Anteil von 45% bei den Beförderungen ins unterste/untere Kader tief, auch wenn dadurch der Frauenanteil in Sprungbrettpositionen leicht zunimmt. Der typische Mitarbeiter, der in den öffentlichen Verwaltungen ins Kader befördert wird, ist männlich, Schweizer, zwischen 31 und 40 Jahre alt und verfügt über einen Tertiärabschluss.
Im Gegensatz dazu sind Frauen bei Rekrutierungen ins Kader deutlich stärker vertreten als bei den Beförderungen.
Der grösste Anteil aller Beförderungen geht an Mitarbeitende zwischen 31 und 40 Jahren, und gerade in dieser Altersgruppe ist die Wahrscheinlichkeit, dass Männer befördert werden, mehr als doppelt so hoch als für die Frauen. Interessant ist, dass Frauen und Männer über 40 Jahren ähnlich häufig befördert werden.
Im mittleren und oberen/obersten Kader tragen sowohl die interne Entwicklung als auch die externe Rekrutierung zur Erhöhung des Frauenanteils bei. Der Talentpool in den unteren Kaderpositionen wird also gut genutzt.
Weshalb sind also besonders die Beförderungen ins unterste/untere Kader eine Herausforderung für Frauen?
Die Beförderungen in untere Kaderstufen fallen genau in die Familienphase, in der Frauen sowohl in Sprungbrettpositionen (d.h. im untersten/unteren Kader) als auch im Nicht-Kader ihr Pensum erheblich reduzieren. Der durchschnittliche Beschäftigungsgrad der Männer hingegen bleibt in dieser Zeit praktisch gleich. Die Differenz im durchschnittlichen Beschäftigungsgrad zwischen Frauen und Männern in der Familienphase ist bei den öffentlichen Verwaltungen im Branchenvergleich besonders ausgeprägt. Obwohl familienfreundliche und lebenszyklusorientierte Arbeitsmodelle attraktiv sind für vielfältige Mitarbeitende und insbesondere Mitarbeitende mit Betreuungsverpflichtungen, können sie sich negativ auswirken, wenn Teilzeitarbeit ein Hindernis für den beruflichen Aufstieg darstellt. Aus einer Gender Diversity-Perspektive ist das vor allem dann eine Herausforderung, wenn hauptsächlich Frauen in Teilzeit arbeiten.
Besonders auffällig: Während nur 45% der Mitarbeitenden Vollzeit arbeiten, gehen 60% aller Beförderungen an Vollzeitbeschäftigte (wobei der Nachteil punkto Beförderungen vor allem dann auftritt, wenn die Mitarbeitenden weniger als 80% arbeiten). Es scheint, dass traditionelle Vorstellungen von Elternschaft und Arbeit Frauen am internen Aufstieg in öffentlichen Verwaltungen hindern – dies scheint zudem ausgeprägter als in anderen Branchen der Fall zu sein.
Da 16% der männlichen Führungskräfte im mittleren und oberen/obersten Kader der öffentlichen Verwaltungen über 60 Jahre alt sind, ist es an der Zeit vorauszuplanen, wie die Führung der Zukunft (auch im Hinblick auf Vielfalt und Inklusionskompetenzen) aussehen wird. Diese Planung ist besonders wichtig, da eine Teilzeitstrafe und eine traditionelle Vorstellung von Karriere zu bestehen scheinen. Was können öffentliche Verwaltungen tun?